Kategorie: Entspannung
Wenn eine Panikattacke kommt, scheint die Welt plötzlich schneller zu drehen: Herzrasen, Atemnot, Schwindel — und der Gedanke, die Kontrolle zu verlieren. Ich kenne dieses Gefühl gut, und genau deshalb möchte ich dir eine Atemübung vorstellen, die ich selbst oft anwende und die meinen Klientinnen und mir schon oft geholfen hat, schnell wieder Ruhe zu finden. Diese Anleitung ist praktisch, alltagstauglich und lässt sich überall durchführen — ob zu Hause, im Büro oder unterwegs.
Warum Atmen bei Panikattacken hilft
In akuten Stress- oder Panikmomenten übernimmt häufig das Sympathikus-Nervensystem die Kontrolle. Das führt zu schnellerem, flacherem Atmen (Hyperventilation), was wiederum das CO2-Gleichgewicht im Blut stört und Symptome wie Schwindel, Kribbeln oder Krämpfe verstärken kann. Durch bewusstes, langsames Atmen aktivieren wir den Parasympathikus — den „Ruhe“-Teil des Nervensystems. Das senkt Herzfrequenz und Blutdruck und schafft ein Gefühl von Sicherheit.
Die Basis: Drei-Atem-Phasen-Methode (Schritt-für-Schritt)
Diese einfache Methode kombiniert tiefe Bauchatmung mit kontrolliertem Ausatmen. Sie ist effektiv bei beginnender Panik und lässt sich in wenigen Minuten durchführen.
| Schritt | Was du tust | Tipp |
|---|---|---|
| 1 | Finde eine bequeme Position: sitzen oder lehnen | Lockere Schultern, Hände entspannt auf den Oberschenkeln |
| 2 | Atme langsam durch die Nase ein — 4 Sekunden | Visualisiere, wie sich der Bauch mit Luft füllt |
| 3 | Kurze Pause — 1–2 Sekunden (ohne anzuhalten) | Bleibe entspannt, nicht pressen |
| 4 | Langsam und gleichmäßig durch den Mund ausatmen — 6–8 Sekunden | Stelle dir vor, wie Spannung mit dem Ausatmen entweicht |
| 5 | Wiederhole 6–10 Mal | Wenn nötig länger, bis der Puls sinkt |
Praktische Hinweise zur Ausführung
- Atme in den Bauch: Lege eine Hand auf deinen Bauch, die andere auf die Brust. Beim Einatmen soll sich vor allem dein Bauch heben — das zeigt, dass die Zwerchfellatmung arbeitet.
- Ausatmung verlängern: Mach das Ausatmen immer etwas länger als das Einatmen (z. B. 4:1–6:1-Verhältnis). Das hilft dem Parasympathikus, die Aktivität zu erhöhen.
- Ruhig bleiben: Wenn du zu Beginn das Gefühl hast, nicht genug Luft zu bekommen, erinnere dich: Du brauchst nicht tief „schnappen“. Langsam und kontrolliert ist wirkungsvoller.
- Augen schließen oder fokussieren: Manchen hilft es, die Augen zu schließen; anderen, einen festen Punkt im Raum zu fixieren, um nicht von Symptomen überwältigt zu werden.
Varianten der Atemübung
Je nachdem, wie stark die Attacke ist oder wo du dich befindest, kannst du die Methode anpassen:
- Box-Breathing (4-4-4-4): Einatmen 4 s — Pause 4 s — Ausatmen 4 s — Pause 4 s. Gut, wenn du etwas Struktur brauchst.
- 6-Count-Breath: Ein 4-Sekunden-Einatem, 2 Sekunden Pause, 8-Sekunden-Ausatem. Effektiv bei sehr starker Unruhe.
- Lippenbremse: Atme durch die Nase ein, atme langsam durch leicht gespitzte Lippen aus. Das erhöht den Widerstand und stabilisiert das Ausatmen.
- Atem plus Bodenung: Beim Ausatmen bewusst die Füße in den Boden drücken — das vermittelt Erdung und Sicherheit.
Was du sofort tun kannst, wenn eine Attacke beginnt
- Setz oder leg dich, wenn möglich. Sicherheit zuerst — wenn du dich schwach fühlst, setz dich.
- Konzentriere dich auf die Atmung, nicht auf die der anderen. Leichter Druck einer Hand auf dem Bauch hilft oft.
- Nutze eine kurze Ablenkung: zähle rückwärts von 50 in Dreierschritten oder nenne fünf Dinge, die du sehen kannst. So verschiebst du die Aufmerksamkeit weg von der Angst.
- Wenn möglich, sprich leise einen Satz wie: „Das geht vorbei. Ich bin sicher.“ Selbstgespräche beruhigen das Gehirn.
Hilfsmittel und kleine Tricks, die helfen
Manche Tools unterstützen die Praxis und geben zusätzliche Sicherheit:
- Eine kleine Stresskugel oder ein Fidget-Tool zum Festhalten hilft, die Hände zu beschäftigen.
- Atem-Apps wie Calm, Headspace oder die kostenlose App "Pranayama" geben Atemrhythmen vor — praktisch, wenn du die Anleitung nicht im Kopf hast.
- Eine Wärmflasche oder ein körperlich spürbares Objekt (z. B. ein kleines Kissen) kann Geborgenheit signalisieren.
Was tun, wenn Atmung allein nicht reicht?
Atemübungen sind sehr wirkungsvoll, aber nicht immer ausreichend. Wenn Panikattacken häufig auftreten oder sehr intensiv sind, empfehle ich:
- Sprich mit einer Ärztin oder einem Arzt, um körperliche Ursachen auszuschließen.
- Sucht fachliche Unterstützung: Psychotherapie, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie, ist sehr effektiv gegen Panikstörungen.
- Kombination mit anderen Maßnahmen: regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf, Reduktion von Koffein und Alkohol, sowie Entspannungsübungen wie Progressive Muskelentspannung oder kurze Yoga-Sequenzen.
Mythen und Fehlannahmen
Es gibt einige Missverständnisse, die Menschen verunsichern:
- „Ich muss tief einatmen, sonst ersticke ich.“ Falsch — tiefes, hektisches Schnappen verschlimmert Hyperventilation. Kontrolliertes Atmen ist besser.
- „Panik wird immer schlimmer, wenn ich sie ignoriere.“ Nicht zwangsläufig — manchmal hilft es, die Attacke nicht zu bekämpfen, sondern sie zu beobachten und zu atmen.
- „Medikamente sind immer die einzige Lösung.“ Medikamente können kurzfristig helfen, sollten aber idealerweise mit Therapie und Selbsthilfestrategien kombiniert werden.
Persönliche Erfahrung und Alltagstipps
Ich habe selbst erlebt, wie beängstigend Panik sein kann. Was mir hilft: regelmäßige kleine Pausen über den Tag verteilt, abends eine kurze Atemroutine (5 Minuten), und das Trainingsziel, die Atemübung auch in ruhigen Momenten zu üben — so ist sie im Ernstfall abrufbar.
Ein kleiner Alltagstipp: Übe die 3-Phasen-Methode täglich beim Zähneputzen oder auf dem Weg zur Arbeit für 2–3 Minuten. So wird die Übung zur Gewohnheit und wirkt schneller, wenn sie gebraucht wird.
Wann sofort ärztliche Hilfe suchen?
- Wenn du das Gefühl hast, du könntest ohnmächtig werden oder du starke Brustschmerzen hast (kardiologische Abklärung notwendig).
- Wenn Panikattacken so häufig sind, dass sie dein Leben stark einschränken (Arbeit, Beziehungen, Alltag).
- Wenn Selbsthilfe und Atemtechniken nicht mehr ausreichen und die Angst immer stärker wird.
Wenn du magst, schreibe mir von deiner Situation — ich gebe dir gern persönlichere Hinweise, welche Variante am besten zu dir passen könnte. Und denk dran: Jede kleine Übung ist ein Schritt Richtung mehr Gelassenheit.